Während die Konkurrenz mit der steilen Talfahrt des Bike-Booms kämpft, wächst MYVELO einfach weiter. „In den vergangenen zwei Jahren haben wir den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr jeweils verzehnfacht“, sagen Vincent Augustin und Fabian Huber. Wie das geht? Die zwei Ortenauer Gründertypen haben 2018 offenbar ein Produkt mit tragfähigem Konzept ins Rennen geschickt. „Kein Corona-Baby für das schnelle Geld im Lockdown. Das ist uns wichtig!“ Die zwei besten Freunde, die sich kennen, seit sie im Jahr 2000 als Kinder auf derselben Tartanbahn im Sattel saßen, folgen schließlich einer Tour, die sie Etappe für Etappe geplant haben.
Vom Fatbike bis zum Rennrad
MYVELO ist Hersteller, Onlineshop und seit März 2022 auch stationärer Händler für Fahrräder und E-Bikes – angefangen bei den Fatbikes und den Klapprädern, liebevoll „Klappis genannt“ über die ebenso geländegängigen wie stadttauglichen E-Bikes in Groß und das Gravelbike by MYVELO bis zum ersten eigenen Rennrad. „Damit gehen wir back to the roots“, sagt Vincent und verweist damit auf die Erfahrung, die das Unternehmergespann aus dem Radsport mitbringt. Denn beide waren sie erfolgreiche Fahrer in der Rennrad-Bundesliga und an der Grenze zum Profisport. „So viele Kilometer fahren manche ihr ganzes Leben nicht mit dem Auto wie wir mit dem Fahrrad“, rekapitulieren sie die damalige Zeit.
„Handmade in Black Forest“
Das Konzept jedes einzelnen MYVELO-Modells kommt von Vincent und Fabian selbst. Montagepartner ist ein Reha-Unternehmen im Schwarzwald. Daher „Handmade in Black Forest“ – ein Prädikat, mit dem nicht allzu viele werben können. Was noch macht die Marke MYVELO aus? „Wir bringen unsere Räder komplett ohne Händlerstruktur an den Mann“, sagt Fabian. Eigene Räder plus Direktvertrieb, also die eine hohe Fertigungstiefe – zum Vorteil der Kunden: Preislich liegen die Bikes und E-Bikes zwischen rund 1.900 bis 5.000 Euro. „Oft 30 und bis zu 50 Prozent unter dem Marktpreis in unserem Segment“, sagt Fabian, „und in Sachen Preis-Leistung bleiben wir attraktiv, besonders mit unserem neuen Rennrad.“
On the mission: Vorbereitung ist alles
Ganz so selfmade geht das alles natürlich nur mit der entsprechenden Vorbereitung. Bei Fabian und Vincent bedeutete das: Nach Vincents Ausbildung zum Bürokaufmann und Fabians Studium der technischen BWL suchten sich beide Jobs im Onlinehandel bei den ganz Großen. „Wir haben bei Kameleoon die mitunter größten Onlineshops in ganz Deutschland mit betreut und sind auch mit der vollen Absicht da rein, uns das nötige Wissen für unser Projekt anzueignen. Sobald wir das hatten, waren wir bereit für unser eigenes großes Ding.“ 2018 dann folgte eine spitze Markenpositionierung in Form eines Fatbikes mit glitzerndem Flipflop-Lack, ein Turbostart der Onlinevermarktung und ein ebenso rasant wachsendes Geschäft, das mit einzelnen verkauften Fahrrädern begann und ihre Zahl von Jahr zu Jahr vervielfachte.
Standortvorteil Schwarzwald
Zum großen Vorteil von MYVELO gegenüber der Konkurrenz wurde in der Coronazeit ab 2020 Folgendes: „Während anderen Händlern an keine Räder mehr rankamen, konnten wir liefern. Deshalb wuchsen wir weiter.“ Warum also nicht auch der Sprung aus der digitalen in die analoge Welt? So kam die Idee auf, einen Flagship Store in Fabians Heimatstadt Oberkirch zu eröffnen, als dort ein Fahrradgeschäft zum Verkauf stand. 2022 wurde er eröffnet und zusätzlich zu Bestellern aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und darüber hinaus gehören jetzt auch Abholer aus ganz Deutschland zum Alltag.
Mit Rückenwind in den stationären Handel
Tanja Kassel, die Beraterin von Fabian und Vincent bei der Sparkasse Offenburg/Ortenau, erinnert sich noch, wie das war, als die beiden Gründer 2022 wegen der Finanzierung des Projekts Flagship Store auf sie zukamen: „Sie kamen mit ihrem Businessplan und einer ausgearbeiteten Rentabilitätsvorschau. Natürlich haben wir das alles nochmal durchgerechnet und dann auf schnellstem Weg die Bürgschaftsbank von der Umsetzbarkeit der guten Idee überzeugt.“ Die Beraterin erkannte für eine Förderung relevanten Punkte des Vorhabens und beantragte bei der L-Bank eine Förderung zur Eröffnung des stationären Shops und für Betriebsmittel, die wenig später bewilligt wurde. Für Vincent und Fabian bedeutete das viel Rückenwind: „Seit unserer Gründung waren wir mit verschiedenen Einzelprojekten bei Tanja Kassel zum Gespräch und fühlten uns so auch zur Förderung bestens beraten. Mit einer MYVELO-Metapher gesprochen: Es fühlte sich an wie mit Rückenwind und E-Motor bergauf.“