Seit Dezember 2022 Vorstandsvorsitzender, seit 30 Jahren bei der Sparkasse und voller neuer Ideen: Jürgen Riexinger und sein Team arbeiten an der Sparkasse der Zukunft. Lieber zu frech als zu steif – und ohne die Verhaltensweisen und Hierarchien von gestern
Für die Sparkasse ist 2023 ein besonderes Jahr. Neuer Vorstand, neue Strategie, neue Kampagne. Was das für die Menschen in der Ortenau bedeutet und was von der Sparkasse in den nächsten Monaten zu erwarten ist, erläutert Vorstand Jürgen Riexinger im Interview.
Die neue #saugut-Kampagne der Sparkasse: Was ist das Ziel dahinter?
Die Sparkasse soll präsenter werden. Digital, aber auch vor Ort wollen wir als Partner und Schrittmacher in der Region stärker wahrgenommen werden.
Saugut ist umgangssprachlich, frech, emotional: Entspricht das dem, wie sich die Sparkasse in Zukunft sehen will?
Uns gibt es seit 1836. Wir haben zwei Weltkriege überstanden, zwei Inflationen und wir haben über Generationen unglaublich viele Menschen und Unternehmen begleitet. Die Basis von all dem ist Vertrauen – und auch Vertrautheit. Aber wir wollen uns nicht auf unserer Tradition ausruhen, sondern freuen uns auf die Zukunft. Und da ist es mir lieber, wenn wir ein bisschen zu frech als zu steif sind.
Also geht es darum, Distanz abzubauen und näher am Kunden zu sein?
Wir versuchen, so ziemlich alle Barrieren – oder sagen wir besser: Hemmschwellen – zwischen uns und unseren Kunden einzureißen. Früher hieß es: Man muss zur Bank. Das war wie: Man muss zum Zahnarzt. Das wollen wir anders gestalten. Unsere Idee ist, dass es Spaß macht, gemeinsam etwas zu bewegen. Mit guter Beratung und einem lockeren Ton.
Das drückt sich auch im neuen Vorstandstrio aus, in dem erstmals eine Frau ist.
Nicole Dietl beginnt bei uns am 1. Juli. Sie kommt von der Sparkasse in Waiblingen und passt richtig gut zu uns. Als neues Team wollen wir die Sparkasse gut in die nächste Dekade bringen und dass heißt in erster Linie: Wir wollen zeitgemäß sein, moderner werden und es wäre saugut, wenn wir uns ein Stück weit auch neu erfinden.
Wie steht es um die innere Befindlichkeit des Hauses? Das Image nach außen ist eines, das Selbstverständnis von innen heraus oft etwas ganz anderes …
Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten schon vieles auf links gedreht. Wir sind kommunikativer geworden, haben die Aufbauorganisation verändert, uns intern besser vernetzt und denken noch stärker vom Kunden her. Wir sehen die Welt da draußen, die sich immer schneller verändert, und wir müssen uns diesem Tempo dann auch anpassen. Das geht nicht mit alten Verhaltensweisen und alten Hierarchien, sondern mit mehr Eigenverantwortung, mehr Initiative und einfach einem sauguten Team!
Klingt nach großen Zielen.
Wir haben ein neues Ambitions-Niveau, legen mehr Wert auf Kommunikation und haben neue Formate entwickelt, um alle mitzunehmen. Ich stand selbst vor der Kamera und habe mit dem Team Clips produziert, um unsere neue Strategie zu erklären. Im Sommer gibt es außerdem eine neue Sparkassen-To-Go-App für unsere Mitarbeiter und wir haben schon jetzt eine neue Meeting-Kultur.
Start-up-Feeling bei der Sparkasse?
Vor allem sind wir ein ehrlicher und verlässlicher Finanzdienstleister. Wir suchen stets nach Wegen, damit unsere Kunden ihre Ziele erreichen, aber wir sagen auch, wenn mal etwas gar nicht geht. Wenn ich sehe, wie ein Firmenkunde seine Investition umsetzen konnte, wenn diese Idee Früchte trägt und alle davon profitieren: Das ist klasse, daraus ziehe ich viel intrinsische Motivation!
Dennoch: In Sachen Geld hat sich viel verändert. Es gibt zwar wieder Zinsen – dafür aber auch eine hohe Inflation und Angst um die Altersvorsorge. Was bedeutet das für Ihre Kunden?
Dass unsere Beratungsleistung mehr denn je gefragt ist. Die Zeit der extrem niedrigen Zinsen ist vorbei und das wahrscheinlich auch dauerhaft. Also müssen wir uns noch intensiver um Förderprogramme bemühen. Angesichts von sieben Prozent Inflation kann man als Anleger mit zwei oder drei Prozent Guthabenzins nicht zufrieden sein – nur sehen viele Menschen an den Kapitalmärkten oft nur die Phasen, in denen die Kurse sinken. Für uns heißt das: den Menschen zu erklären, welche enormen Chancen es am Kapitalmarkt gibt!
An der Stelle: Wie sparen Sie persönlich?
Ich habe ein paar kleine Daueraufträge, mit denen ich die Fonds in meinem Depot jeden Monat bespare. Dazu investiere ich außerdem immer wieder auch direkt in Einzelwerte.
Themenwechsel: Wohnen ist so teuer wie noch nie. Immobilienkredite können sich fast nur noch Spitzenverdiener leisten. Was kann die Sparkasse tun?
In allererster Linie eine ehrliche, gute Beratung anbieten. Alle öffentlichen Fördermöglichkeiten ausschöpfen und mit dem Kunden die verschiedenen Optionen durchspielen. Wir bieten Finanzierungsmodelle mit einer Zinsbindung bis zum letzten Tag der Rückführung an und wir haben ein Klimaschutzpaket für energetische Sanierungen aufgelegt. Und trotzdem: Wer heute für den Kauf einer Immobilie ein Darlehen von einer halben Million Euro braucht, zahlt im Jahr 15 000 Euro Zinsen mehr als noch im Dezember 2021. Das sind 1250 Euro mehr im Monat – und da muss man dann auch realistisch bleiben. Kann sich das ein Kunde leisten? Oder müssen wir ihm raten, erst mehr Eigenkapital intelligent anzusparen?
Sie sprechen das Thema Fördermittel an. Selbst darauf kann man sich als Bauherr ja nicht unbedingt verlassen.
Der Staat hat viel Glaubwürdigkeit verloren, als er seine Förderprogramme von heute auf morgen einstellte. Ich habe es nicht nachvollziehen können, dass man so eine Vertrauenskrise riskiert.
Jetzt wieder auf etwas Gutes zu kommen, ist nicht leicht. Versuchen wir’s trotzdem: Saugut ist, wenn die Inflation …
… bei den angestrebten zwei Prozent liegen würde.
Für Sie persönlich ist es saugut, wenn …
… ein Kunde zu mir kommt und sich für die gute Beratungsleistung eines Mitarbeiters bedankt.
Und saugut für die ganze Ortenau wäre es, wenn …
… sie ihre Stärken als Wirtschaftsstandort weiter konsequent vorantreibt